Immobilienlexikon

Zwangsversteigerung

Jede Zwangsversteigerung ist ein Vollstreckungsverfahren. Das bedeutet: Ein oder mehrere Gläubiger – in aller Regel eine Bank – lassen die Zwangsversteigerung betreiben, um mit dem Erlös noch ausstehende Restschulden aus einem Darlehen oder ähnlichem zu begleichen. Zwangsversteigerungen sind die Ultima Ratio, wenn Eigentümer sich finanziell verkalkuliert haben – und ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Oft stecken allerdings auch Erbstreitigkeiten oder eine Scheidung dahinter – in beiden Fällen finden die Beteiligten keine einvernehmliche Lösung zur Zukunft der Immobilie.

Die Zwangsversteigerung findet zumeist im Amtsgericht des Bezirkes statt, in dem die Immobilie liegt und folgt einem klaren Ablauf.

1. Bekanntmachung und Mindestgebot

Der Versteigerungstermin beginnt mit einer Information über die Eckdaten der Immobilie, der Benennung des Verkehrswertes und der Mitteilung über das festgelegte Mindestgebot.
Alle diese Informationen können bereits im Vorfeld über die entsprechenden Einträge im Internet oder die Aushänge im Amtsgericht abgerufen werden.
Das Mindestgebot ist nicht verhandelbar. Es deckt unter anderem die Verfahrenskosten und etwaige rückständige Steuern oder andere Belastungen, die der Eigentümer schuldig geblieben ist.


2. Bietzeit: Nach einer Stunde ist zumeist Schluss

Die Bietzeit wird landläufig häufig Bieterstunde genannt, was seinen Grund darin hat, dass die Angelegenheit für gewöhnlich nach 40 bis 60 Minuten erledigt ist. Wer bieten möchte, muss volljährig sein, einen gültigen Personalausweis vorlegen können – und zehn Prozent der Kaufsumme in Form eines Schecks oder einer Bankbürgschaft dabeihaben. Das höchste Gebot wird abschließend dreimal wiederholt – und mit dem symbolischen Hammerschlag besiegelt.


3. Verhandlung über den Zuschlag

Die Verhandlung über den Zuschlag gestaltet sich nicht so simpel, wie es in einschlägigen Fernsehfilmen immer dargestellt wird. Es gibt verbindliche Regeln: Bei einem ersten Versteigerungstermin wird der Zuschlag nur dann erteilt, wenn das höchste Gebot mindestens 50 Prozent des Verkehrswertes der Immobilie (inklusive der dazugehörigen Rechte) umfasst. Und: Selbst, wenn dies der Fall ist, kann der Gläubiger der Zuteilung noch widersprechen, falls nicht mindestens 70 Prozent des Immobilien-Verkehrswertes erreicht worden sind. Diese Vorschriften sollen vor allem verhindern, dass Immobilien zu Schleuderpreisen versteigert werden (müssen).
Genügt das erzielte Ergebnis diesen Anforderungen, so ist die Zwangsversteigerung prinzipiell beendet. Wurden die Regeln jedoch nicht erfüllt, so setzt das Amtsgericht innerhalb eines halben Jahres einen weiteren Termin fest – bei dem die Grenzen nicht mehr eingehalten werden müssen.


4. Verteilungstermin zur Auszahlung der Gläubiger

In aller Regel sechs bis acht Wochen nach dem Versteigerungstermin setzt das Amtsgericht den Verteilungstermin an, bei dem der Erlös aus der Versteigerung auf die Gläubiger aufgeteilt wird. Im Anschluss wird die Eigentumsübertragung im Grundbuch veranlasst.


Was passiert nach der Ersteigerung einer Immobilie?

Wer den Zuschlag erhalten hat und neuer Eigentümer der Immobilie ist, sollte umgehend alle erforderlichen Versicherungen für das Gebäude abschließen. Bis zum Verteilungstermin und der Grundbucheintragung kann noch nicht frei über die Immobilie verfügt werden. Es empfiehlt sich, die Zeit zu nutzen, um währenddessen bereits die Grunderwerbsteuer an das Finanzamt zu überweisen und die Zuschlagsgebühr an das Gericht zu zahlen. Auf diese Weise wird der Prozess bis zur endgültigen Inbesitznahme der neuen Immobilie beschleunigt.


Welche Vorteile bietet der Kauf einer Zwangsversteigerungs-Immobilie?

Die Pluspunkte eines Immobilienkaufs aus einer Zwangsversteigerung sind klar ersichtlich: Im besten Fall kann eine gute Immobilie zu einem sehr günstigen Preis erworben werden. Die Ersparnis gegenüber einem regulären Kauf kann bis zu 30 Prozent betragen. Insbesondere bei Immobilien, die aus Scheidungsstreitigkeiten stammen, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, ein gepflegtes Haus vorzufinden, das nur deshalb beim Amtsgericht gelandet ist, weil sich die ehemaligen Ehepartner nicht auf einen gemeinsamen Verkauf einigen konnten. Und ein Partner allein die Immobilie nicht weiter unterhalten kann.

Eine eventuelle Maklerprovision wird ebenso eingespart, wie die Kostennote eines teuren Notars für den Kaufvertrag – stattdessen ist nur die deutlich niedrigere Zuschlagsgebühr an das Amtsgericht zuzahlen. Zusätzlich entfallen schließlich die Kosten für eine Immobilienbewertung, die das Amtsgericht (oder der Gläubiger) ja bereits in Auftrag gegeben hatte.


Welche Risiken birgt der Kauf einer Zwangsversteigerungs-Immobilie?

Grundsätzlich birgt ein Immobilienkauf aus einer Zwangsversteigerung natürlich auch ein beachtliches Risiko. Dieses rührt zu einem wesentlichen Teil daher, dass die Immobilie in aller Regel nicht von innen und in Ruhe besichtigt werden kann. So kann es durchaus sein, dass ein Gebäude mit Baumängeln, Schimmelbefall oder Wasserschäden erworben wird, die zunächst mit erheblichem finanziellem Aufwand beseitigt werden müssen, bevor ein Einzug möglich ist.

Aus Zwangsversteigerungen erworbene Immobilien sind zudem bar jeder Haftung. Das meint: Jede Form der Gewährleistung ist ausgeschlossen. Stellt sich nach dem Kauf beispielsweise heraus, dass der tatsächliche Wert der Immobilie weit unter dem im Verkehrswertgutachten genannten liegt, haben die Neu-Eigentümer das Nachsehen. Dieser Umstand kann unter anderem darin begründet liegen, dass ein Verkehrswertgutachten nur einmal zu Beginn der Zwangsversteigerung erstellt wird. Zieht sich dieses über Jahre hin, so veraltet das Gutachten – und die Immobilie verfällt währenddessen.
Schließlich gilt es zu bedenken, dass die Vorbesitzer nach der Versteigerung eventuell nicht freiwillig ausziehen und das Haus besenrein räumen. Dann muss zunächst eine kostenpflichtige und nicht selten nervenaufreibende Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher in die Wege geleitet werden.

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