Zeitwert berechnen
Der Begriff Zeitwert ist ein Synonym für den Verkehrswert oder Marktwert einer Immobilie. In der internationalen Terminologie wird zumeist von „Fair Value“ gesprochen. Er bezeichnet den Wert einer Immobilie zu einem bestimmten Stichtag, gibt also an, welcher Verkaufserlös für die Immobilie erzielt werden könnte, wenn sie aktuell veräußert würde. Der Zeitwert berücksichtigt sowohl Objektmerkmale als auch die jeweilige Marktsituation – er ist daher eine veränderliche Größe. Der Wert der Immobilie schwankt beispielsweise aufgrund von Alterserscheinungen oder durchgeführten Modernisierungen, er wird durch die Entwicklungen der jeweiligen Lage ebenso beeinflusst wie durch die Veränderungen von Angebot und Nachfrage.
Inhaltsverzeichnis
Welche Faktoren beeinflussen den Zeitwert einer Immobilie?
Naturgemäß unterliegen Immobilien Wertschwankungen. Diese müssen noch nicht einmal zwangsläufig in ihnen selbst begründet liegen. Verändert sich beispielsweise das Umfeld der Immobilie durch den Bau einer Straße oder den Ausbau des ÖPNV, die Ansiedelung eines attraktiven Arbeitgebers oder durch die Einweihung eines großen Einkaufszentrums, so steigt mit der Aufwertung der Lage auch der Wert der Immobilie. Andererseits beeinflussen Pflege und Instandhaltung der Immobilie wesentlich ihren Wert: Für ein altes, sanierungsbedürftiges Gebäude wird logischerweise ein geringerer Verkaufserlös erzielt als für ein regelmäßig renoviertes oder gar modernisiertes Haus. Der Zeitwert einer Immobilie lässt sich daher niemals anhand von Tabellen oder Listen abschätzen – er muss immer konkret durch in Augenscheinnahme des Objekts ermittelt werden.
Gleichwohl lassen sich Kriterien festlegen, die positiven oder negativen Einfluss auf den Zeitwert einer Immobilie nehmen.
Faktoren, die sich wertmindernd auswirken
Obgleich deutschlandweit die Immobilienpreise steigen, so ist die hohe Nachfrage kein Garant dafür, dass für jede Immobilie ein Traumpreis erzielt wird. Negative Auswirkungen auf den Zeitwert haben insbesondere:
- das Alter der Immobilie, besonders wenn Abnutzungserscheinungen deutlich sichtbar sind,
- bauliche Mängel
- alte elektrische Leitungen
- der energetische Zustand, insbesondere wenn zu einer alten Heizungsanlage, undichte Fenster und eine nicht vorhandene Dämmung hinzukommen
- ausstehende Erschließungsmaßnahmen
- sinkende Nachfrage in der Region, zum Beispiel durch Abwanderung, Überalterung der Bevölkerung, Verlust eines oder mehrerer großer Arbeitgeber
- ungünstige Verkehrsanbindung
- bestehende Mietverträge, sofern der künftige Eigentümer die Immobilie selbst nutzen möchte
- vorhandene Belastungen, beispielsweise ein noch nicht getilgter Immobilienkredit, aber auch ein vereinbartes, lebenslanges Wohnrecht der derzeitigen Bewohner.
Das gewählte Wertermittlungsverfahren bestimmt durch konkrete Abschläge, welche Wertminderungen bei der jeweiligen Immobilie in welchem Umfang anzusetzen sind. Grundsätzlich nimmt jedoch das Alter des Gebäudes bei der Berechnung des Zeitwerts einen hohen Stellenwert ein.
Wertverlust durch altersbedingte Abnutzung
Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmowertV) geht davon aus, dass Immobilien keine unbegrenzte Nutzungsdauer haben – vielmehr wird diese auf durchschnittlich 70 bis 80 Jahre taxiert. Um den Altersabschlag eines Hauses zu berechnen, wird von dieser Nutzungsdauer die Restnutzungsdauer in Abzug gebracht. Das Ergebnis liefert den Altersabschlag, der häufig auch als Alterswertminderung bezeichnet wird. Der Abschlag wir in Prozent angegeben und vom ermittelten Wert der Immobilie abgezogen.
Beispiel für ein 40 Jahre altes Gebäude mit einer veranschlagten Nutzungsdauer von 80 Jahren:
40/80 x 100 = 50 %
Der nach Abzug des Abschlags ermittelte Zeitwert ist gleichwohl rein technischer Natur. Denn die tatsächliche Lebensdauer einer Immobilie kann durch gezielte Modernisierungen wesentlich verlängert werden.
Faktoren, die sich wertsteigernd auswirken
Neben den wertmindernden Gegebenheiten gibt es im Umkehrschluss eine ganze Reihe von Faktoren, die dazu beitragen, den Zeitwert einer Immobilie zu erhöhen. Dazu zählen:
- umfassende Modernisierungsmaßnahmen am Objekt
- die energetische Sanierung der Immobilie, insbesondere durch neue Fenster und eine effiziente Wärmedämmung
- der Einbau einer modernen Heizungsanlage
- die Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Dach plus Installation einer E-Ladesäule
- eine barrierefreie Gestaltung
- eine gestiegene Nachfrage in der Region.
Wertermittlungsverfahren für Immobilien
Es gibt insgesamt 3 anerkannte Verfahren zur Immobilienbewertung. Sie werden je nach Art und Umfeld der Immobilie angewandt. Korrekt und fachkundig durchgeführt, haben diese Verfahren einen präzisen Zeitwert der zu bewertenden Immobilie zum Ergebnis.
Das Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren gilt unter Fachleuten als die präziseste Methode zu Ermittlung des Wertes von Immobilien und Grundstücken, weil es die aktuellen Entwicklungen am Markt mitberücksichtigt. Das Vergleichswertverfahren geht in seinem Kern von der Annahme aus, dass jede Immobilie so viel wert ist, wie ein Käufer bereit ist, dafür zu zahlen.
Zur Wertermittlung werden Grundstück und Immobilie daher mit ähnlichen Objekten verglichen, die in jüngerer Zeit verkauft worden sind. Dazu greifen Makler oder Gutachter auf die anonymisierte Kaufpreissammlung der Gutachterausschüsse zurück. Da nun keine Immobilie exakt der anderen gleicht, werden für bestimmte Kriterien Zu- und Abschläge eingerechnet. Dies sind beispielsweise die Lage, die Größe und die Bauweise, der Zustand der Bausubstanz, der Grundriss, die Qualität der Ausstattung sowie der energetische Zustand des Gebäudes. Am Ende ergibt sich ein Immobilienwert, der dem aktuellen Marktniveau entspricht.
Das Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren ist eine sehr komplexe Methode, um den objektiven Sachwert einer Immobilie zu bestimmen. Das Verfahren beschäftigt sich prinzipiell mit der Frage, welchen monetären Aufwand es aktuell erfordern würde, um die zu bewertende Immobilie heute exakt so wieder herzustellen. Das Sachwertverfahren berücksichtigt dabei nur sehr marginal die Dynamik des Marktes in Form von Angebot und Nachfrage.
Gerechnet wird in mehreren Schritten:
1. Ermittlung des Bodenwerts
2. Errechnung der Herstellungskosten der Immobilie
3. Ermittlung des Gebäudesachwerts durch Abzug der Alterswertminderung
4. Vorläufiger Sachwert (Gebäudesachwert plus Bodenwert)
5. Endgültiger Sachwert unter Berücksichtigung des Marktanpassungsfaktors.
Das Sachwertverfahren ist zur Ermittlung eines realistischen Verkaufspreises beim privaten Immobilienverkauf kaum geeignet. Es wird nur bei alleinstehenden Häusern in ländlichen Regionen, bei denkmalgeschützten Immobilien oder bei industriell genutzten Gebäuden angewandt.
Das Ertragswertverfahren
Im Mittelpunkt des Ertragswertverfahrens steht weniger der pure Wert der Immobilie, sondern vielmehr der Ertrag, der sich in Form von Mieteinkünften aus ihr erzielen lässt. Das Ertragswertverfahren wird daher nur bei vermieteten oder zu vermietenden Wohn- und Gewerbeimmobilien eingesetzt. Der Wert des Grundstücks wird aus dem gleichen Grund separat vom Gebäudesachwert ermittelt, da Wohn- oder Gewerbeobjekt eine begrenzte Nutzungsrestdauer haben, das Grundstück aber nicht an Wert verliert. Immobilien werden im Rahmen des Ertragswertverfahrens ausschließlich als Kapitalanlagen betrachtet, mit denen sich Einnahmen generieren lassen.
Die Methodik des Verfahrens erfordert einige Rechenschritte:
1. Berechnung des Grundstücksreinertrags (Jahresrohertrag minus Bewirtschaftungskosten)
2. Ermittlung des Gebäudereinertrags (Grundstücksreinertrag minus Bodenwertverzinsung)
3. Ermittlung des Gebäudeertragswerts mit Vervielfältiger (Gebäudereinertrag mal Vervielfältiger)
4. Berechnung des Ertragswerts (Gebäudeertragswert plus Bodenwert plus/minus Wertveränderungen)
Mit einer hinreichenden und realistischen Datengrundlage hat das Ertragswertverfahren eine starke und belastbare Aussagekraft.