Wohnimmobilienkreditrichtlinie
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, abgekürzt WoKri, ist eine EU-Richtlinie, deren ursprüngliche Idee es war, Verbraucher besser davor zu schützen, dass sie sich bei der Aufnahme eines Immobiliendarlehens übernehmen und unverhältnismäßig verschulden. Deshalb sind Banken verpflichtet, bei der Kreditvergabe genaue Regeln anzulegen und gewissenhaft zu informieren.
Inhaltsverzeichnis
Seit wann gibt es die Wohnimmobilienkreditrichtlinie?
Die Wohnimmobilienkreditlinie trat in Deutschland im März 2016 in Kraft, nachdem sie von der EU bereits 2014 verabschiedet wurde. Die Erstfassung des Gesetzes wurde von der Immobilienwirtschaft, aber auch von Verbraucherschützern heftig kritisiert. Dies vor allem deshalb, weil die darin formulierten Kriterien so streng waren, dass ganze Gruppen potenzieller Kunden von der Kreditvergabe de facto ausgeschlossen wurden. Dazu zählten vor allem junge Familien und Rentner. Die harte Kritik führte schließlich dazu, dass die WoKri nur ein gutes Jahr in der ursprünglichen Form Bestand hatte: Im Mai 2017 wurde sie durch eine reformierte, entschärfe Version abgelöst, die bis heute Gültigkeit hat.
Welche Kritikpunkte führten zu Änderung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie?
Kritik an der Ursprungsversion der WoKri entzündete sich vor allem an den stringenten Maßstäben, die angelegt wurden, um die Kreditwürdigkeit eines Kunden zu beurteilen.
• Jüngere Menschen mit Familienwunsch konnten oft nicht hinreichend belegen, dass sie in der Zukunft nicht von längeren Verdienstausfällen betroffen sein würden.
• Rentnern wurde nur selten ein Immobilienkredit gewährt. Selbst kleinere Darlehen für Modernisierungen am Eigenheim wurden abgelehnt. Zwar war in der Wohnimmobilienkreditlinie explizit keine Altersgrenze für ein Darlehen festgelegt, allerdings musste die Bank sicherstellen, dass der Kredit noch zu Lebzeiten zurückgezahlt wurde – was bei fortgeschrittenem Alter des Kreditnehmers nicht immer garantiert war.
• EU-Bürger, die nicht aus Euro-Staaten kommen, standen vor dem Problem, dass die Banken laut WoKri für ein Fremdwährungsdarlehen haften mussten. Diese lehnten eine solche Kreditvergabe daher in der Regel ab. Ein Immobilienkredit in Euro wiederum kann nur aufgenommen werden, wenn sich der Wechselkurs nicht stark verändert. Schwankt er um mehr als 20 Prozent, so muss das Darlehen in die Fremdwährung umgetauscht werden.
Aus den genannten und weiteren Gründen schrumpfte die Anzahl der Immobiliendarlehen, respektive der Kaufinteressenten, nach Einführung der WoKri dramatisch – was schließlich zu einer Modifizierung der Richtlinie führte.
Was steht in der aktuellen Wohnimmobilienkreditlinie?
Die aktuell gültige WoKri verlangt weiterhin die Prüfung der Einkommenssituation. Allerdings werden einige Aspekte anders gewichtet und zusätzliche Differenzierungen vorgenommen.
• Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung wird nicht nur das aktuelle und künftige Einkommen in den Blick genommen, sondern auch der Immobilienwert rückt in den Fokus. Dabei wird die erwartete Wertsteigerung der Immobilie als Faktor einkalkuliert.
• Bei überschaubaren Darlehen muss keine Kreditwürdigkeitsprüfung auf Basis der WoKri vorgenommen werden. Dies hat etwa für ältere Immobilieneigentümer den Vorteil, dass sie für Modernisierungsvorhaben deutlich leichter einen Kredit bewilligt bekommen. Bei Sanierungen und Modernisierungen rückt ebenfalls der Wert der Immobilie als Entscheidungskriterium in den Vordergrund.
• Bei der Anschlussfinanzierung erfolgt keine erneute Bonitätsprüfung nach den Regeln der WoKri. In der alten Gesetzesfassung bestand grundsätzlich die Gefahr, dass Eigentümer nach dem Ablauf der Sollzinsbindung keinen neuen Kredit bekamen. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Möchte der Kreditnehmer für die Anschlussfinanzierung das Kreditinstitut wechseln oder den Netto-Darlehnsbetrag um wenigstens 10 Prozent erhöhen, so ist eine erneute Prüfung der Bonität vorgeschrieben.
• In der aktuellen Fassung stellt die Wohnimmobilienkreditlinie in aller Regel kein unüberwindbares Hindernis für eine Immobilienfinanzierung mehr da. Im Umkehrschluss schützt sie Kreditnehmer jedoch vor mangelhafter Beratung, ungünstigen Kreditverträgen und übermäßiger Verschuldung.